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70 Jahre SCC

 

Humor ist der Knopf, der verhindert, dass Einem der Kragen platzt. Dieser Spruch hängt bei uns in der Küche und hat sicherlich mit für Ruhe und Zufriedenheit gesorgt.

Warum wurde in Seehausen fernab der karnevalistischen Hochburgen im Süden und Westen Deutschlands Karneval gefeiert?

Unser ehemaliger Ehrenpräsident Klaus Krüger hatte dafür folgende Antwort parat: „ Nach dem Junispektakel von 1953, für die Jüngeren unter uns, der Aufstand am 17.Juni an verschiedenen Orten in der DDR, wurden Partei und Regierung stutzig und beschlossen, dass in der DDR Fröhlichkeit größeren Ausmaßes stattzufinden hat.“

Zwei kulturbewusste Leute schlugen vor, 1954 einen Karnevalsverein zu gründen. Mit 11 weiteren Männern wurde der Seehäuser Carnevals Club, kurz SCC, aus der Taufe gehoben um Freude und Frohsinn zu verbreiten.

Man stürzte sich in die Vollen und zog alle Register, die zu der damaligen Zeit möglich waren. Sogar 3 Rosenmontagsumzüge wurden organisiert. Der erste ging 1955 über die Bühne. Die Straßen waren mit Umzugsteilnehmer und kostümierten Zuschauern belebt. Damals hatte keiner vermutet, dass der SCC einmal sein siebzigjähriges Jubiläum feiern würde. 

 

Wie im normalen Leben gab es auch hier Höhen und Tiefen. Nachdem in Vorbereitung der Session 1958/59 die staatliche Bevormundung das erträgliche Maß überschritt, wurde die öffentliche karnevalistische Tätigkeit eingestellt. Der SCC löste sich nicht auf, sondern feierte intern. Die nächste öffentliche Veranstaltung fand 1966 auf Barsberge statt. Das Motto lautete: Hurra wir leben noch.

Nicht nur in Seehausen und Umgebung, sondern auch in Wittenberge, Schwanebeck und Pritzwalk trat der SCC auf. Aus ehemals 6 Sternchen sind nun 3 Tanzformationen entstanden. Es sind die Sternchen, Tanzteufel und Tanzteufelchen. Besonders hervorzuheben in diesem Zusammenhang ist auch unser Tanzmariechen.1979/80 hatte das Männerballett seine ersten Auftritte und ist bis heute aus dem Programm nicht mehr wegzudenken.

Nach 36 Jahren Abstinenz wurde wieder ein karnevalistischer Umzug durchgeführt. Immer am Tulpensonntag, der Tag vor Rosenmontag. Unser ehemaliger Ehrenpräsident Klaus Krüger schlug den Namen mit folgender Begründung vor: Die Tulpe ist eine schöne Blume und aus der Tulpe kann man wunderbar Bier trinken. Es gab keine Gegenstimmen. So ist es bis zu dem heutigen Tag geblieben. 

 

Ein weiterer großer Knüller war und ist die Weiberfastnacht. Seit ihrer Erstausgabe 1998 auf Barsberge wartet sie bis heute mit einem großartigen Programm auf. Sie wird von den Vereinen dieser Stadt getragen und offenbart einen unerschöpflichen Ideenreichtum.

In den zurückliegenden 70 Jahren gab es einige Ereignisse die erwähnenswert sind.

Zu DDR- Zeiten war der Verein verpflichtet sein Programm vor der Aufführung beim VPKA Abt. Erlaubniswesen zur Genehmigung einzureichen. Es kam dann öfter zu Beauflagungen oder gar zur Streichung von Programm- punkten. Das wurde zwar zur Kenntnis genommen, aber man hat sich nicht immer genau daran gehalten. Karnevalisten waren schon immer kreative Köpfe. Unter dem Programmzettel stand: Änderungen vorbehalten. E.K. Dieses „E.K.“stand für unseren damaligen Zeremonienmeister Erich Korte. Einmal wurden dem SCC 1000 Mark Strafe angedroht, wenn wie im Programm vorgesehen, der Schlager „An der Nordseeküste", im Programm gesungen wird. Da 1000 Mark für uns sehr viel Geld waren, fiel dieser Punkt weg. Aber nach dem Ende des Programms spielte die Kapelle als erstes Lied zum Tanz: An der Nordseeküste. Viele Gesichter schmunzelten.

Die Karnevalisten zeigten sich nicht nur im Programm kreativ. So passierte es, dass ein Vereinsmitglied auf der Heimfahrt von einem auswärtigen Gastspiel völlig erschöpft bei der Rückfahrt im Bus zwischen die Sitze rutschte. Alle stiegen in Seehausen aus. 

 

Der Busfahrer hatte keinen mehr gesehen und schloss den Bus ab. Mit der Zeit wurde es für unseren Karnevalisten ungemütlich. Unser Karnevalist wachte zu früher Stunde wieder auf und verließ den Bus durch das Fenster der Fahrertür.

Ein Karnevalsverein hat nicht nur den Elferrat und Tanzgruppen, sondern in jeder Session ein neues Prinzenpaar. Es war häufig nicht ganz einfach ein Prinzenpaar für die Session zu inthronisieren. So kam es, dass wir in Vorbereitung der Session 1986/87 kein Prinzenpaar fanden. Aber der Karneval wurde trotzdem gefeiert. Mit einer großen Überraschung. Der Einmarsch der Karnevalsgesellschaft erfolgte mit einem Prinzenpaar. Es war ein Paar aus Quedlinburg, das in Seehausen zu Besuch war um Karneval zu erleben. Den Beiden wurde die Situation erklärt und schließlich waren sie einverstanden, als Prinzenpaar über das närrische Volk zu gebieten. 9 Monate später stellte sich bei ihnen Nachwuchs ein. Seehäuser Karneval ist fruchtbar.

Eine Bombendrohung bei einer Veranstaltung hatten wir auch. Die Volkspolizei sicherte die Sache unauffällig ab. Die kostümierten Herren fielen aber auf, weil sie beim Schlachtruf Seehausen Hajo, die Arme so hoch rissen, wie keiner der anwesenden Gäste. Sie waren ja im Dienst. Zum Karnevalsprogramm gehören Büttenreden. Das Interesse an diesen war vor der Wende jedoch viel größer. Man konnte, wenn man gut zuhörte, viel zwischen den Zeilen lesen.  Ich denke an die Rede: Wir geben alles für Berlin. Damals wurden aus allen Teilen der Republik Leute delegiert, damit Berlin wieder eine schöne Stadt wird. Ein Satz gefiel dem Publikum aber ganz besonders. Der ging folgendermaßen: Smogalarm, den kennen wir nicht, denn unsere Grenzen, die sind dicht. Das Publikum tobte vor Begeisterung. Bei den darauffolgenden Veranstaltungen wurde der Büttenredner mit folgenden Worten angekündigt: Wir freuen uns, dass er da ist und uns heute wieder etwas über Berlin berichten kann. 

Das Prinzenpaar für die Saison 1989/90 äußerte den Wunsch erst am 11.11. um 11.11Uhr dem Verein vorgestellt zu werden. Das war so damals nicht üblich. Die vorherigen Prinzenpaare traten schon bei der Generalprobe in Erscheinung. Am 9. November 1989 fiel die Mauer und das Land war in Aufregung. Der Verein feierte den Beginn der närrischen Zeit immer in der „Pittchenbar“. Einige Vereinsmitglieder, einschließlich der Präsident, waren brüskiert über die Art und Weise der Proklamation. Das Prinzenpaar kam erst kurz vor 11.11.Uhr völlig außer Atem an. Es hatte sich den Stempel für den Ausweis zur Reise in die BRD im Rathaus geholt. Am 12.11. wollte man in den Westen fahren. Unser Programm fand sowohl in großen Räumen (im inzwischen verschwundenen Stadtkulturhaus bzw. in der früher für uns noch nutzbaren Wischelandhalle) oder fast in einer Wohnstube (in Falkenberg) statt. 

Die Auftritte in Falkenberg waren für uns immer der krönende Abschluss der Session. Unmittelbarer Kontakt mit dem Publikum. Nach einer Veranstaltung sagte man uns: das Programm war in Ordnung, aber die Prinzessin habt ihr auch nur aus dem ALDI. Sie arbeitete nämlich dort als Verkäuferin.

Nach der Wende änderte sich auch für unseren Verein viel. Positiv und auch negativ. Anfang November 1989 wurde die Leiterin des Kulturhauses sehr nervös, da noch keine Programmgenehmigung von VPKA Osterburg vorlag. Ich rief dort an und bekam folgende Antwort: Wir haben wohl jetzt andere Probleme um die wir uns kümmern müssen. Ihr feiert mal ordentlich Karneval. Das waren für uns völlig neue Töne.

Anlässlich des 70 jährigen Jubiläums unseres Seehäuser Carnevals Club ist all denen zu danken, die nicht nur mit Rat, sondern auch mit Tat zur Erhaltung des Vereins beigetragen haben. Es sind nicht nur die Darsteller auf der Bühne, sondern auch diejenigen, die im Hintergrund ihre Arbeit zum Wohle des Vereins verrichten. Es ist immer schwierig einzelne Personen besonders hervor zu heben, denn dann gibt es meistens „Prämierte und Deprimierte“. Trotzdem soll an dieser Stelle besonders unser ehemaliger Ehrenpräsident 

Klaus Krüger erwähnt werden. Über 45 Jahre hat er als Präsident des SCC das Schiff um sämtliche Klippen mit Erfolg gesteuert. So hatte er 1990, da die öffentliche Hand keine Mittel zur Verfügung stellte, handgeschriebene Aktien mit einem Wert von 50 DM herausgegeben. Garantierte Zinsen pro Jahr 10%. Es ist nicht bekannt, dass jemand eine Aktie eingelöst hat.

Wir freuen uns nun auf die vor uns liegende Session. Mit unserem Programm hoffen wir wie immer auf eine positive Resonanz bei unserem Publikum und bei den wieder erwünschten zahlreichen Teilnehmern am Tulpensonntagsumzug. Ein ausgelassenes feierndes Publikum ist für die Narren des SCC Lohn und Ansporn zugleich, um auch künftig einen begeisternden Karneval in Seehausen zu gestalten.